Sieben Tage hat die Woche, hinter sieben Bergen wohnen sieben zipfelbemützte Bergarbeiter und die Abenteurer früherer Epochen befuhren sieben Meere. Diese Reihe fortführend, konnten die Athleten der OCR Series in der Saison 2017/18 sieben Rennen nutzen, um sich für die OCR Series World Finals zu qualifizieren. Die 200 besten Männer und 100 besten Frauen erhielten so die Möglichkeit, sich am 23. Juni im niederländischen Wijchen nahe der deutsch-niederländischen Grenze direkt zu messen. Insgesamt standen an diesem Samstag 145 Männer und 41 Frauen an der Startwand im Sand des Berendonck-Areals.
Der Startschuss sollte 18:30 Uhr erfolgen, genug Zeit also, sich den Tag über Hindernisse und Strecke anzuschauen, die Starter der Strong-Viking-Wellen anzufeuern und im eigens eingerichteten Athleten-Areal letzte Tipps und Tricks auszutauschen oder sich geistig auf die bevorstehende Aufgabe vorzubereiten.
Kurz vor halb sieben versammelten sich die Athleten vor dem UNICEF-Startbogen und warteten auf den Startschuss, der die mit Händen zu greifende Anspannung lösen und auf die Strecke tragen sollte. Doch bereits direkt nach dem Start bremste knietiefes Wasser das Starterfeld bereits das erste Mal aus, bevor insbesondere die Top-Athleten das Tempo auf dem insgesamt sehr flachen Kurs deutlich anzogen. Dem konnten auch die ersten Hindernisse wie die Dragon Ropes, die Balance-Balken oder die kurzen Schwimmpassagen nicht viel entgegensetzen.
Zurück nahe des Start-/Zielbereich wartete der erste Hindernisbereich mit Monkey Snakes, den Atlas Stones und dem Dip Walk, den die Athleten mit Eisenketten als Zusatzgewicht bewältigen mussten. Von den Ketten befreit und die Quater Pipe bewältigt, schwangen die Athleten am Flying Ragnar wie Tarzan der rettenden Glocke entgegen, bevor der Kurs zum Fjord Drop, dem höchsten Hindernis der OCR Series führte. Die steile Rutsche ist weniger körperlich anstrengend, testet aber Höhenfestigkeit und Schwindelfreiheit der Athleten. Den Abschluss dieses wasserreichen Teils des Parcours bildete eine erneute Wat- bzw. Schwimmpassage mit Hürden.
Nachdem die Kleidung sich ausreichend mit Wasser vollsaugen konnte und vor allem die Hände nass genug waren, warteten die Wheels of Steel – Hamsterräder, an denen hängend sich die Starter eine schräge Ebene hinauf hangeln mussten. Ein erster Test für die Griffkraft bei nassen Händen. Glücklich, wer im Vorfeld ein Büschel trockenes Gras gefunden hatte, um die Hände etwas zu trocknen.
Die folgenden Tilting Tunnels entließen uns in den eher schlammigen Teil der Strecke, unterbrochen durch Eskaladierwände, vorbei an Kühen, die augenscheinlich mehr Fragen als Antworten ob der vorbeihastenden, nassen und zum Teil verschlammten Zweibeiner in den gelben Leibchen hatten. Ablenkung vom puren laufen verschafften auch die Gewässerquerung am Seil im Bärenhang oder der eisenkettenbehängt zu bewältigende Streckenabschnitt durch die niederländische Natur. Auch der bereits aus den Serienläufen bekannte Bekleidungsausrüster ließ uns wieder die Hangelqualität und Reißfestigkeit seiner Hosenbeine prüfen, bevor wir an den gepimpten Weaver und direkt im Anschluss zum Hammer-Zielwerfen geführt wurden.
Schöne Streckenführung mit abwechslungsreichen Hindernissen
Damit nach diesen oberkörperlastigen Hindernissen auf die Beinmuskulatur wieder einmal gefordert wurde, führte der Kurs an die mutmaßlich einzige Erhebung der Gegend, die der findige Holländer gleich nutzt, um einen Snowboardhang daran zu installieren. Da die Temperaturen zwar perfekt zum Laufen waren, aber leider keinen Schnee zuließen, gab es an dieser Stelle zwei Sandsack-Einheiten den Hang hinauf und wieder hinab.
Im Schlammareal kurz vor dem Einlauf in den finalen Parcours war für mich persönlich der Tiefpunkt des Rennens erreicht; bereits ab ca. der Hälfte der Strecke machten mir Bauchkrämpfe zu schaffen, sodass ich das Tempo herausnehmen musste und nicht mehr mit dem Feld der Top 20 mithalten konnte. Die jetzt zu bewältigende Kombination aus Kriechhindernissen und Hürden stellte meinen Kreislauf auf eine harte Probe. Umso erfrischender war das dem folgende Tauchbad im Eisbecken, das den Kreislauf wieder etwas in Schwung brachte – gerade rechtzeitig für die finalen Hindernisse.
Nach einer kurzen Einheit Eisenbahnschwellen-Ziehen wartete das Low Rig mit seiner Kombination aus Griffen, Stangen und Rädern darauf, Griffkraft und Körperspannung der Athleten auf die Probe zu stellen. Unter den Argusaugen der Marshalls bemühten wir uns, nur nicht den Boden zu berühren und irgendwie die rettende Glocke zu schlagen. Diejenigen, denen das nicht gelang, hatten zwei Minuten Zeit, an den Battle Ropes darüber nachzudenken, woran sie gescheitert waren oder den anderen Athleten dabei zuzusehen, wie diese das Rig bewältigten, die Glocke schlugen und zum nächsten Hindernis liefen.
Die letzten Meter als finale Prüfung
Wobei das „Laufen“ inzwischen eher dem Gang als dem Sprint ähnelte. Das lag auch an der folgenden Besonderheit der OCR Series World Finals: mit zusammengebundenen Füßen musste der folgende Streckenabschnitt inklusive Stacheldraht und Hürden überwunden werden. Und damit das Hüpfen nach 20 Kilometern in den Beinen nicht ganz so gazellengleich fiel, lag für jeden Läufer ein Sandsack to go bereit.
Die Füße befreit, des Sandsacks entledigt wartete: Richtig, der nächste Sandsack, der erneut unter Stacheldraht und über Hürden gebracht werden musste, bei denen der Sack jedes Mal den Boden zu berühren hatte. Den brennenden Waden eine Pause gönnend, führte das gelb-weiße Flatterband danach direkt an die Moving Pegboards, zwei bewegliche Eisenträger, in deren Löcher exakt die zwei Haltezapfen passten, an denen wir uns in Richtung der Erlösung verheißenden Glocke hangeln mussten. Wer hier vor der Glocke abschmierte, durfte den lieb gewonnenen Sandsack noch einmal über Hürden und unter Stacheldraht hindurch auf eine Ehrenrunde führen.
Die Zielstufen bereits im Hintergrund, wartete mit der Super Saga die finale Hangelkombination auf uns: Die fünf in 1,80 m Abstand angebrachten horizontalen Stangen der Flying Monkeybars, übergehend in die an Ringen entlangzuhangelnden Pipelines und die analog zu den Flying Monkeybars aufgehängten Flying Wheels. Trotz großem Respekts konnte ich gut durch die Saga schwingen; von den Monkeybars flog ich an die Pipeline, vermied das Verheddern im Rohrgeflecht und flog locker von einem Rad zum nächsten. Das ging ja leicht! Große Erleichterung. Zu große Erleichterung. Bereits das Ziel im Blick, flog ich an der finalen Glocke vorbei! Ein Moment der Unachtsamkeit, des Sich-in-Sicherheit-Wiegens bedeutete ein überflüssiges Bad im See, ausgestattet mit einem Zusatzgewicht von 30 kg. Derart erfrischt war noch die Salmon Ladder zu bewältigen, bevor ich mich die finalen Stufen der Zielpyramide hinaufziehen und Carina zu ihrem großartigem 3. Platz bei den Frauen gratulieren konnte.
Die OCR Series World Finals bestachen durch die der OCR Series typischen nahezu einwandfreien Organisation, abwechslungsreichen und kreativen Hindernissen erweitert um einige Finals-spezifische Aufbauten. Einige der Starter nutzten die Gelegenheit, sieben Tage vor dem Hauptlauf der OCR European Championships die eigene Form gegen die Konkurrenz zu testen. Dennoch, oder gerade deswegen, war das Teilnehmerfeld hochkarätig besetzt und sorgte für ein spannendes Rennen, an dessen Ende sich Thibault Debusschere (Belgien), Thomas Buyle (Belgien) und Lluis Barbe Llagostera (Spanien) durchsetzen konnten. Mit Matthias Graute und Till Zimmermann beendeten auch zwei Deutsche das Rennen in den Top 10. Bei den Frauen erliefen sich Zuzana Kocumova (Tschechien), Lisan de Vries (Niederlande) und Carina Bungard (Deutschland) die Podiumsplätze.